Aby Warburg
„Jude von Geburt, Hamburger im Herzen, im Geiste Florentiner“, formulierte Aby Warburg über sich selbst. Als einer der Wegbereiter der modernen Kulturwissenschaften widmete er sich dem Einfluss der Antike auf die Neuzeit. Jenseits akademischer Denkgewohnheiten entstand die Kulturwissenschaftliche Bibliothek Warburg in Hamburg zugleich als Ergebnis und Voraussetzung seiner Arbeit.
Biografie
1871
Umzug der Familie in den Ortsteil Rotherbaum
13.6.1866
Geburt im Hamburger Grindelviertel als ältestes von sieben Kindern; Eltern Charlotte Esther (geb. Oppenheim) und Moritz Warburg, Leiter des 1798 von der Familie gegründeten Bankhauses M. M. Warburg & Co.
1873 – 1885
Besuch der Vorschule und des Realgymnasiums des Hamburger Johanneums
1879
Legendäre Überlassung des „Erstgeborenenrechts“ an den Bruder Max für die Zusage, Aby sämtliche gewünschte Buchankäufe zu finanzieren
1885
Abitur am Realgymnasium
1886
Zusätzliche Prüfungen in Griechisch, Latein und Alter Geschichte an der Gelehrtenschule des Johanneums; Berufswunsch: Archäologe
Aufnahme des Studiums in Bonn, Fortsetzung in München und Straßburg
1888
Warburg lernt seine spätere Frau, die Bildhauerin und Malerin Mary Hertz, in Florenz kennen
1891
Promotion in Straßburg; Thema der Dissertation: „Sandro Botticellis ‚Geburt der Venus‘ und ‚Frühling‘. Eine Untersuchung über die Vorstellungen von der Antike in der italienischen Frührenaissance“
1892 – 1893
Militärdienst in Karlsruhe als Reiter in einem Artillerieregiment
1893
Veröffentlichung der Dissertation als erste Publikation Warburgs
1893 - 1895
Archivstudien in Florenz, unter anderem Untersuchungen über das Festwesen des Seicento in Florenz, Sommeraufenthalte in Hamburg
1895
Reise in die USA anlässlich der Heirat seines Bruders Paul M. Warburg
Besuch bei den Hopi-Indianern, Erwerb verschiedener Objekte, die er anschließend dem Völkerkundemuseum in Hamburg schenkt
1897
Heirat mit Mary Hertz, 1899 Geburt der Tochter Marietta, 1902 des Sohnes Max Adolph, 1904 der Tochter Frede Charlotte
1900
Entschluss und Planungen zum Aufbau der „Warburg-Bibliothek für Kulturwissenschaft“ in Hamburg
1904
Rückkehr der Familie nach Hamburg
Max Adolph und Marietta (v. l.)
1909
Einzug in die Heilwigstraße 114 und Erwerb des Nachbargrundstücks Heilwigstraße 116
1911
Erste Begegnung mit Fritz Saxl
1912
Ruf nach Halle abgelehnt, Warburg durch den Senat zum Professor der im Entstehen begriffenen und 1919 schließlich gegründeten Hamburger Universität ernannt
Schifanoia-Vortrag auf dem Internationalen Kunsthistorikerkongress in Rom als „Geburtsstunde“ der Ikonologie
1913
Eintritt Fritz Saxls in die Bibliothek
1915
Erste Begegnung mit Erwin Panofsky
1918
Anzeichen einer psychischen Erkrankung; Aufenthalt in der Privatklinik Dr. Lienau, Hamburg
1920
Veröffentlichung „Heidnisch-antike Weissagung in Wort und Bild zu Luthers Zeiten“
1921 – 1924
Aufenthalt in Ludwig Binswangers Privatklinik „Bellevue“, Kreuzlingen
1923
Vortrag zum „Schlangenritual“ in der „Bellevue“ am 21. April
1924
Erste Begegnung mit Ernst Cassirer in Kreuzlingen
Rückkehr nach Hamburg im August
1925 – 1929
Seminarveranstaltungen für das Kunstgeschichtliche Seminar der Universität Hamburg
Arbeit am „Mnemosyne-Atlas“, an den Bilderreihen und an der „Bildersammlung zur Geschichte von Sternglaube und Sternkunde“
1926
Beteiligung am Orientalistentag in Hamburg
Entwurf einer Briefmarke mit dem Motiv
„Idea Vincit“
1928 - 1929
Italienaufenthalt mit Gertrud Bing, Weiterentwicklung des „Mnemosyne-Atlas“, Vorträge unter anderem an der Bibliotheca Hertziana in Rom
1929
Warburg stirbt am 26. Oktober in Hamburg
1930
Eröffnung der „Bildersammlung zur Geschichte von Sternglaube und Sternkunde im Hamburger Planetarium“
1933
Emigration der K.B.W. nach London
Die Ansätze Warburgs werden fortgeführt, weiterentwickelt und wiederentdeckt. Sie prägen und inspirieren kunst- und kulturgeschichtliche, bildwissenschaftliche sowie andere geisteswissenschaftliche Forschungen.
Bildnachweis
- © UHH, RRZ/MCC, Mentz
- © Warburg-Archiv, Hamburg
- © Warburg-Institute Archive, London
- © Ron Chernow, The Warburgs. The Twentieth-Century Odyssey of a Remarkable Jewish Family, New York 1993