Forschungsstelle »Entartete Kunst«
Im Mittelpunkt unserer Arbeit steht die Erforschung der nationalsozialistischen Kunstpolitik, deren Intention und Wirkung auf das nationale wie internationale Kunstgeschehen. Insbesondere wird nach dem Schicksal verfemter Künstler gefragt, der Verbleib ihrer Werke erforscht und gezielt die Rolle des Kunsthandels untersucht. Darüber hinaus gehört die Beschlagnahme von so genannten »entarteten« Kunstwerken in deutsche Museen und deren spätere »Verwertung« ins Zentrum des Forschungsinteresses. Auch die Auswirkungen der NS-Kunstpolitik, die nach 1945 noch spürbar sind, spielen eine wichtige Rolle.
Wissenschaftlicher Leiter:
Projekte:
Im Sommersemester 2008 fand in Zusammenarbeit mit dem Ernst Barlach Haus, Hamburg, und der Hamburger Kunsthalle eine Vortragsreihe zum Kunsthandel im Nationalsozialismus statt. Die Ergebnisse der Beiträge sowie ergänzende Aufsätze zu dieser Thematik wurden in dem von Ute Haug und Maike Steinkamp herausgegebenen Sammelband Werke und Werte. Kunsthandel, Sammlungen und Museen im Nationalsozialismus veröffentlicht. Die Vortragsreihe und die Publikation wurden großzügig vom Ernst Barlach Haus, Hamburg, und der Stiftung Hermann Reemtsma, Hamburg, unterstützt.
Von 2013 bis 2016 widmete sich das Forschungsteam Gesa Jeuthe und Anja Tiedemann dem Projekt Kunsthandel im Nationalsozialismus. Es erfolgte eine umfassende Analyse und entsprechende Dokumentation der Aktivitäten der Galerien Alex Vömel, Düsseldorf, und Karl Buchholz, Berlin, zwischen 1933 und 1945. Zu diesem Zweck wurden Kooperationsvereinbarungen mit ProvenienzforscherInnen der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, München, der Stadt Köln und der Hamburger Kunsthalle sowie der Koordinierungsstelle Magdeburg geschlossen. Das Projekt wurde von der Arbeitsstelle für Provenienzrecherche/-forschung beim Institut für Museumsforschung der Staatlichen Museen zu Berlin finanziell unterstützt.
Seit Juli 2019 besteht eine Kooperation zwischen der Abteilung Provenienzforschung, Kunstmuseum Bern, und der Liebelt-Stiftungsprofessur für Provenienzforschung am Kunstgeschichtlichen Seminar der Universität Hamburg. Das Projekt Legat Cornelius Gurlitt – Konvolut »entartete« Kunst erforscht die Provenienzen von rund 400 Werken der klassischen Moderne aus dem Kunstfund Gurlitt, die vermutlich als »entartet« aus Museumsbesitz beschlagnahmt worden waren. Das Kunstmuseum Bern finanziert für die Dauer von zwölf Monaten die Stelle einer wissenschaftlichen Mitarbeiterin an der Forschungsstelle »Entartete Kunst«. Die Projektleitung verantworten Jun.-Prof. Dr. Gesa Jeuthe (Hamburg) und Dr. Nikola Doll (Bern).
Provenienzforschung:
Die Provenienzforschung widmet sich dem historischen Verlauf von Besitzverhältnissen von Kunst- und Kulturgütern und schafft damit die Grundlage für »gerechte und faire Lösungen« bei verfolgungsbedingt entzogenen Objekten im Rahmen der Washingtoner Prinzipien von 1998. Die Forschungsstelle »Entartete Kunst« und die Liebelt-Stiftungsprofessur für Provenienzforschung in Geschichte und Gegenwart bieten regelmäßig Lehrveranstaltungen an und fördern so den wissenschaftlichen Nachwuchs in diesem Forschungsbereich.
Schriften der Forschungsstelle »Entartete Kunst«:
Eine eigene Schriftenreihe, die finanziell maßgeblich von der International Music and Art Foundation (IMAF), Vaduz, gefördert wird, begleitet die Arbeit der Forschungsstelle »Entartete Kunst«. Ihre Publikationen dokumentieren eine Auswahl abgeschlossener Qualifikationsschriften sowie Arbeitsvorhaben der Forschungsstelle und ihrer MitarbeiterInnen teils in Kooperation mit auswärtigen Fachleuten. Folgende Bände sind bereits erschienen oder in Vorbereitung:
Uwe Fleckner (Hg.): Angriff auf die Avantgarde. Kunst und Kunstpolitik im Nationalsozialismus, Berlin 2007 (Schriften der Forschungsstelle »Entartete Kunst«, Bd. 1)
Maike Steinkamp: Das unerwünschte Erbe. Die Rezeption »entarteter« Kunst in Kunstkritik, Ausstellungen und Museen der SBZ und frühen DDR, Berlin 2008 (Schriften der Forschungsstelle »Entartete Kunst«, Bd. 2)
Uwe Fleckner (Hg.): Das verfemte Meisterwerk. Schicksalswege moderner Kunst im »Dritten Reich«, Berlin 2008 (Schriften der Forschungsstelle »Entartete Kunst«, Bd. 3)
Maike Steinkamp / Ute Haug (Hg.): Werke und Werte. Kunsthandel, Sammlungen und Museen im Nationalsozialismus, Berlin 2010 (Schriften der Forschungsstelle »Entartete Kunst«, Bd. 4)
Meike Hoffmann (Hg.): Ein Händler »entarteter« Kunst. Bernhard A. Böhmer und sein Nachlass, Berlin 2010 (Schriften der Forschungsstelle »Entartete Kunst«, Bd. 5)
Uwe Fleckner / Max Hollein (Hg.): Museum im Widerspruch. Das Städel und der Nationalsozialismus, Berlin 2011 (Schriften der Forschungsstelle »Entartete Kunst«, Bd. 6)
Gesa Jeuthe: Kunstwerte im Wandel. Die Preisentwicklung der deutschen Moderne im nationalen und internationalen Kunstmarkt 1925 bis 1955, Berlin 2011 (Schriften der Forschungsstelle »Entartete Kunst«, Bd. 7)
Anja Tiedemann: Die »entartete« Moderne und ihr amerikanischer Markt. Karl Buchholz und Curt Valentin als Händler verfemter Kunst, Berlin 2013 (Schriften der Forschungsstelle »Entartete Kunst«, Bd. 8)
Uwe Fleckner / Maike Steinkamp (Hg.): Gauklerfest unterm Galgen. Expressionismus zwischen »nordischer« Moderne und »entarteter« Kunst, Berlin 2015 (Schriften der Forschungsstelle »Entartete Kunst«, Bd. 9)
Anja Tiedemann (Hg.): Die Kammer schreibt schon wieder! Das Reglement für den Handel mit moderner Kunst im Nationalsozialismus, Berlin 2016 (Schriften der Forschungsstelle »Entartete Kunst«, Bd. 10)
Felix Billeter (Hg.): Kunsthändler, Sammler, Stifter. Günther Franke als Vermittler moderner Kunst in München 1923-1976, Berlin 2017 (Schriften der Forschungsstelle »Entartete Kunst«, Bd. 11)
Uwe Fleckner / Thomas W. Gaehtgens / Christian Huemer (Hg.): Markt und Macht. Der Kunsthandel im »Dritten Reich«, Berlin 2017 (Schriften der Forschungsstelle »Entartete Kunst«, Bd. 12)