Tagebuch
150. Geburtstag der Künstlerin Mary Warburg
Das 1926 fertiggestellte Gebäude in der Heilwigstraße 116 war Sitz der Kulturwissenschaftlichen Bibliothek Warburg mit Lese- und Vortragssaal, Büros und Magazinen, die Aby Warburg nach seinen Ideen und Vorstellungen konzipierte und bespielte. So weit, so bekannt und selbstverständlich. Doch ein Blick auf den Grundriss erinnert daran, dass auch Warburgs Frau Mary hier präsent war und dass neben der Theorie auch künstlerische Praxis betrieben wurde: Mary Warburg, geborene Hertz, hatte im Obergeschoss ihr Atelier. Dass dieses ganz selbstverständlich in den Funktionsorganismus des Hauses eingebunden war, zeigt sich in Details – so konnte man mit dem Bücherfahrstuhl etwa auch „IV Stock Atelier“ ansteuern.
Die Bedeutung der Künstlerin Mary Warburg (* 13. Oktober 1866), die heute 150 Jahre alt geworden wäre, ist noch längst nicht angemessen untersucht und anerkannt – momentan erarbeitet die Kunsthistorikerin Bärbel Hedinger mit Kolleginnen ein Werkverzeichnis. Arbeiten in Pastell, Aquarell, Zeichnungen, Gebrauchsgrafiken, Plastiken in Ton und Bronzegüsse: das Werk der Künstlerin umfasst eine große Spannbreite an Medien. Dazu kommen jene Zeichnungen, die Aby Warburg in Aufsätze oder in seine Montagen des Bilderatlas Mnemosyne integrierte – auch ihre Funktion für das Vorgehen Warburgs bleibt noch zu analysieren.
Im Warburg-Haus erinnert heute an prominenter Stelle eines ihrer Werke an die Künstlerin: Die Bronzebüste, die Mary nach dem Tode ihres Mannes 1930 angefertigte, hat das Bild Aby Warburgs später wesentlich geprägt. Die Büste trägt noch nicht einmal ihre Signatur – wie in der allgemeinen Wahrnehmung auch, tritt hier Mary hinter ihrem Mann zurück. Und doch ist sie darin immer präsent.
In einem Festvortrag zur Feier des 150. Geburtstags von Aby Warburg würdigten Michael Diers, Bärbel Hedinger, Steffen Haug, Andrea Völker und Jutta Braden unter dem Titel „Der Gelehrte und die Künstlerin“ erstmals Leben und Werk von Mary Hertz.
Mary Warburg