Tagebuch
„Pace-macher für die Akademische Idee“
Campus-Rundgang an der Universität Hamburg zum Warburg-Jubiläum
In einem Brief vom 1. Mai 1911 an seinen Freund Friedrich Bendixen, der Mitglied des Kuratoriums der Hamburgischen Wissenschaftlichen Stiftung war, listete Warburg seine wissenschaftlichen Verdienste für die Stadt auf: seine Tätigkeiten als „fliegender Dozent der Oberen Schulbehörde“, als „Gönner des Ethnologischen Museums“, als „Mitglied der Commission des ethnologischen Museums“, als „Veranstalter des Volkskundekongresses in Hamburg“, als „Redner auf dem Philologen Congr.“ und „Sachverständiger vor der bürgerschaftlichen Commission für Archäologie“. Wie ein Fazit all dieser Aktivitäten notierte er: „Pace-macher für die Akademische Idee seit 190?“ und fügte an: „ohne ihn wäre Max Warburg nicht in Bewegung gekommen und ohne diesen nicht Beit und ohne diesen hätte v. Melle nichts erreicht.“
Werner von Melle war als Initiator der Hamburgischen Wissenschaftlichen Stiftung Wegbereiter der Universität. Als wichtiger Meilenstein auf dem Weg dorthin konnte 1911 das Vorlesungsgebäude eingeweiht werden, das von Edmund Siemers gestiftet worden war. Neben dem Allgemeinen Vorlesungswesen wurden hier auch Veranstaltungen des 1908 gegründeten „Kolonialinstituts“ abgehalten. Dieses zielte in der kaufmännisch geprägten Hansestadt auf eine angewandte Wissenschaft, war aber weniger eingeschränkt als der Name nahelegt. Warburg mahnte an, dass die Klassische Kultur in diesem Konzept „competente Vertreter“ finden müsse: „ohne diese ist gerade das Leben der Gegenwart in ‚wilden Ländern‘ ganz unverständlich: afrikanischer Aberglauben ist eben z. T. altantikes Erbgut (ich habe ja oft davon erzählt), und die Unbildung des Hamburgers – anderen Ländern gegenüber – kommt eben daher, daß der heimatseelige Dilettant den kritischen Maßstab, die Aufklärung, die die antike Kultur jeder historischen Betrachtung bringt, entbehrt.“
Im Universitätshauptgebäude begann denn auch Rainer Nicolaysen, Leiter der Arbeitsstelle für Universitätsgeschichte an der Universität Hamburg, seine Campus-Führung mit einer Erläuterung der Geschichte bis zur Universitätsgründung 1919. Diese führte uns zur Feier des 150. Geburtstags von Aby Warburg über die Staatsbibliothek und das Audimax bis hin zum heutigen Joseph-Carlebach-Platz, auf dem bis zur Zerstörung im Nationalsozialismus 1938 die Synagoge am damaligen Bornplatz das Zentrum des jüdischen Viertels bildete. Hier am Grindel waren auch die Warburg-Geschwister aufgewachsen.
150. Geburtstag Aby Warburgs